EuGH ebnet Weg für Sammelklage im Fluglärmstreit

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Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat heute sein Urteil im Vorabentscheidungsverfahren über die Auslegung der Umweltverträglichkeitsprüfungs-Richtlinie (UVP-RL) gesprochen. Dabei gab er der Klägerin im Ausgangsverfahren in den entscheidenden Punkten Recht:

Frau Dr. Leth hatte mit einer Staats- und Amtshaftungsklage gegen die Republik und das Land Niederösterreich eine Entschädigung für die Wertminderung ihrer Liegenschaft und die Feststellung der Haftung für drohende Gesundheitsschäden verlangt. Die Republik Österreich hatte argumentiert, dass sich ein Einzelner nicht auf die UVP-Richtlinie berufen bzw daraus keine subjektiven Rechte ableiten könne, und dass die UVP-RL überdies nur die Substanz als Schutzzweck habe (also z.B. wenn ein Flugzeug auf ein Haus stürze), nicht aber so genannte reine Vermögensschäden (also z.B. die fluglärmbedingte Wertminderung eines Hauses).

Der EuGH hat nun Folgendes ausgesprochen:

  • Im Rahmen eines Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens (an sich) müssen die Auswirkungen des fraglichen Projektes auf den Wert von Sachgütern nicht erhoben und bewertet werden.
  • Die Verhütung von Vermögensschäden ist jedoch vom Schutzzweck der UVP-Richtlinie umfasst, soweit diese Schäden unmittelbare wirtschaftliche Folgen von Auswirkungen des Projektes sind.
  • Die UVP-Richtlinie verleiht den betroffenen Einzelnen einen Anspruch darauf, dass die zuständigen Stellen des betreffenden Mitgliedsstaates die Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts bewerten.
  • Nur das Unterlassen einer Umweltverträglichkeitsprüfung verleiht dem Einzelnen grundsätzlich noch keinen Anspruch auf Ersatz eines reinen Vermögensschadens.
  • Geschädigte haben jedoch einen Entschädigungsanspruch, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt die Verleihung von Rechten an die Geschädigten, der Verstoß gegen die Norm ist hinreichend qualifiziert, und zwischen diesem Verstoß und dem den geschädigten entstandenen Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang.
  • Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die Anforderungen des Unionsrechts, die für den Entschädigungsanspruch gelten, ua. das Vorliegen eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verstoß und den erlittenen Schäden erfüllt sind.

„Die Entscheidung ist durchaus positiv für die Klägerin ausgefallen. Wenn diese im fortgesetzten Verfahren vor dem österreichischen Amtshaftungsgericht unter Beweis stellen kann, dass die eingetretenen Schäden – nämlich die Wertminderung ihrer Liegenschaft – in direktem Kausalzusammenhang mit der Unterlassung der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Ausbauten des Flughafens Wien Schwechat stehen, also die Wertminderung nicht oder zumindest nicht in dieser Höhe eingetreten wäre, wenn eine UVP durchgeführt worden wäre und z.B. entsprechende Auflagen wie Flugbeschränkungen oder andere Flugrouten beschlossen worden wären, wird sie mit ihrem Klagsanspruch durchdringen“ erläutert RA Dr. Wolfram Proksch. „Diese Entscheidung ebnet damit auch den Weg für eine Sammelklage für die Vielzahl der weiteren betroffenen und geschädigten Anrainer des Flughafens Wien-Schechat."

Weitere Informationen finden Sie in der Rubrik Aktuelle Fälle > Sammelverfahren Fluglärm auf unserer Website.

Ansprechpartner: RA Dr. Wolfram Proksch

Adresse

  • 1010 Wien,
    Nibelungengasse 11/4

Kontakt

  • +43 1 877 04 54
  • office(a)pfr.at

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