Definition Zahlungskonto durch EuGH

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Der EuGH hat entschieden, wann ein Online-Sparkonto nicht als Zahlungskonto erachtet werden kann, und wann daher die PSD1 nicht anwendbar ist. Wir denken, dass die Entscheidung auch auf PSD2-Sachverhalte anzuwenden ist.

Hier finden Sie eine kurze Zusammenfassung des Urteils und unsere Einschätzung, warum die Entscheidung für die Banken- und Zahlungswelt so relevant ist. Den Wortlaut finden Sie hier (C-191/17).

Update: In Entsprechung des EuGH-Urteils hat mittlerweile auch der OGH entschieden, dass ein Sparkonto mit täglicher Fälligkeit, auf das bzw von dem Einzahlungen und Abhebungen nur über ein Girokonto vorgenommen werden können, nicht unter den Begriff „Zahlungskonto“ fällt (OGH 27.11.208, 4 Ob 207/18x).

Zusammenfassung

Der EuGH hat konkret per Urteil klar gemacht, dass ein Sparkonto mit täglicher Fälligkeit, auf das bzw. von dem Einzahlungen und Abhebungen nur über ein Girokonto vorgenommen werden können, nicht unter den Begriff „Zahlungskonto“ fällt. Ein Konto, das für Zahlungsvorgänge an Dritte bzw. von Dritten nicht unmittelbar, sondern nur über ein Zwischenkonto genutzt werden kann, fällt daher nicht in den Anwendungsbereich der Zahlungskonten-Richtlinie (PSD1).

Hier finden Sie unser Beratungsangebot im Zahlungsdiensterecht.

Warum ist die Entscheidung wichtig?

Das Erkenntnis ist zunächst für Kreditinstitute, die Online-Sparkonten anbieten von enormer Bedeutung. Für diese Produkte wurde klargestellt, unter welchen Voraussetzungen unter anderem die strengen Informationspflichten des Zahlungsdienstegesetzes, Regeln für die Ausführung von Transaktionen sowie deren Rückabwicklung und die strengen Haftungsbestimmungen nicht gelten. Diese Produkte, und somit auch die entsprechenden Verträge samt Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen nicht den Anforderungen des ZaDiG. Dies erleichtert zweifellos das Anbieten derartiger Online-Sparprodukte.

Weiters hätte die gegenteilige Auffassung des EuGH zur Folge gehabt, dass Banken allein aufgrund der Tatsache, dass sie solche Sparkonten anbieten, verpflichtet gewesen wären, solche Basiskonten nach dem Verbraucherzahlungskontogesetz (VZKG) anzubieten. Es ist nun klar, dass dies nicht so ist.

Obwohl sich die Entscheidung ausdrücklich nur auf die PSD1 bezieht, sollte sie unseres Erachtens auch nach der PSD2 und dem ZaDiG 2018 angewendet werden, da sich die Definition des Begriffs „Zahlungskonto“ im Vergleich zur PSD1 nicht verändert hat. Die Entscheidung ist nämlich auch für das Thema „Open Banking“ von Relevanz. Dabei geht es um die Verpflichtung für kontoführende Institute, so genannten Drittdienstleistern (Zahlungsauslöse- und Kontoinformationsdiensten) Zugang zu online verfügbaren Zahlungskonten der Kunden zu gewähren. Dazu sind bis 14. September 2019 von den Kreditinstituten Schnittstellen zu entwickeln, über die Drittdienstleister auf die Zahlungskonten der Kunden zugreifen dürfen.

Hätte der EuGH Online-Sparkonten als Zahlungskonten erachtet, dann müssten Kreditinstitute den Zugriff im Rahmen der PSD2 auch auf solche Sparkonten zulassen. Da der EuGH dies jedoch abgelehnt hat, können Kreditinstitute diesbezüglich aufatmen.

Spannend bleibt die Frage, unter welchen Voraussetzungen Kreditkartenkonten als Zahlungskonten gelten. Vorallem, wenn die Möglichkeit besteht, ein Guthaben auf ein Kreditkartenkonto einzuzahlen. Wir denken, dass es im Sinne der Erwägungen des EuGH darauf ankommt, ob ein Dritter darauf Einzahlungen vornehmen kann. Ist dies nicht der Fall, scheint ein Kreditkartenkonto kein Zahlungskonto zu sein. Kann man von einem Kreditkartenkonto Barabhebungen durchführen, deutet das EuGH-Urteil ebenfalls in die Richtung, dass dieser Umstand noch nicht zur Qualifikation als Zahlungskonto führt. Es kommt nämlich laut EuGH hauptsächlich darauf an, ob man von dem Konto Zahlungsvorgänge an Dritte bzw. von Dritten ausführen und empfangen kann.

Hintergrund

Die ING-DiBa Direktbank Austria bietet Online-Sparkonten an, auf die bzw. von denen ihre Kunden im Wege des Telebanking Einzahlungen und Abhebungen vornehmen können. Diese Überweisungen muss der jeweilige Kunde stets über ein auf ihn lautendes Referenzkonto tätigen. Hierbei muss es sich um ein Girokonto handeln, das der Kunde auch bei einer anderen Bank als der ING-DiBa Direktbank Austria unterhalten kann. Überträge auf das bzw. von dem Online-Sparkonto ohne Beiziehung eines Zahlungsdienstleisters sind möglich. Diese Online-Sparkonten sind täglich fällig, das heißt die Kunden können über die darauf eingezahlten Beträge jederzeit verfügen, ohne dass dies negative Auswirkungen auf die Verzinsung hat.

Im Ausgangsrechtsstreit geht es um Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der ING-DiBa Direktbank Austria. Nach Ansicht der Arbeiterkammer verstoßen einige dieser Klauseln gegen das ZaDiG, durch das die PSD1 in Österreich umgesetzt wurde, und seien somit unzulässig.

Als Vorfrage für die Zulässigkeit dieser Klauseln ist nach Ansicht des OGH zunächst zu klären, ob das ZaDiG anwendbar ist. Der OGH hat daher zu bestimmen, ob Online-Sparkonten wie die von der ING-DiBa Direktbank Austria angebotenen als Zahlungskonten im Sinne dieser Richtlinie einzustufen sind und somit in deren Anwendungsbereich fallen.

Ist Art. 4 Nr. 14 der Zahlungsdienste-Richtlinie dahin auszulegen, dass auch ein Online-Sparkonto, auf das der jeweilige Kunde (mit täglicher Fälligkeit und ohne besondere Mitwirkung der Bank) im Wege des Telebanking Einzahlungen auf ein auf ihn lautendes und Abhebungen von einem auf ihn lautenden Referenzkonto (ein Girokonto in Österreich) durchführen kann, unter den Begriff des „Zahlungskontos“ zu subsumieren ist und daher vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst wird?

Die Überlegungen des EuGH

Nach Ansicht des EuGH lässt sich anhand des Wortlauts des Art 4 Z 14 PSD1  nicht bestimmen, ob der Begriff „Zahlungskonto“ Konten wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden umfasst, bei denen ein Zahlungsvorgang nur nach einem Zwischenschritt getätigt werden kann, der den Transfer eines Geldbetrags zwischen dem Sparkonto und dem Girokonto des Nutzers beinhaltet.

Zur Auslegung ist daher insbesondere die Zahlungskonten-Richtlinie zu berücksichtigen. Nach Erwägungsgrund 12 der Zahlungskonten-Richtlinie sind Sparkonten grundsätzlich aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen, da sie keine Zahlungskonten sind, es sei denn, sie können auf täglicher Basis für Zahlungsvorgänge genutzt werden. Wenngleich Sparkonten grundsätzlich nicht unter die Definition des Begriffs Zahlungskonto fallen, ist dieser Ausschluss somit nicht absolut.

Wenig überraschend geht der EuGH davon aus, dass die bloße Bezeichnung eines Kontos als „Sparkonto“ für sich genommen nicht genügt, um die Einordnung als „Zahlungskonto“ auszuschließen. Entscheidend ist, ob die Möglichkeit besteht, ein solches Konto auf täglicher Basis für Zahlungsvorgänge zu nutzen. Der EuGH verweist dann auf Art 1 Abs 6 PSD1, wonach diese Richtlinie für Zahlungskonten gilt, die dem Verbraucher mindestens Folgendes ermöglichen: die Einzahlung eines Geldbetrags auf ein Zahlungskonto, die Bargeldabhebung von einem Zahlungskonto sowie die Ausführung und den Empfang von Zahlungsvorgängen, einschließlich Überweisungen, an Dritte und von Dritten.

Demzufolge ist die Möglichkeit, von einem Konto Zahlungsvorgängen an Dritte bzw. von Dritten auszuführen und zu empfangen, ein konstitutives Merkmal eines Zahlungskontos. Ein Konto, das für solche Zahlungsvorgänge nicht unmittelbar, sondern nur über ein Zwischenkonto genutzt werden kann, kann daher nicht als Zahlungskonto angesehen werden.

Zusammenfassend geht der EuGH davon aus, dass Art 4 Z 14 der PSD1 dahin auszulegen ist, dass ein Sparkonto mit täglicher Fälligkeit, auf das bzw. von dem Einzahlungen und Abhebungen nur über ein Girokonto vorgenommen werden können, nicht unter den Begriff Zahlungskonto fällt.

Wie können wir Ihnen helfen?

Sollten Sie Fragen zum EuGH-Urteil oder dessen Auswirkungen auf Ihre Produkte bzw. zum Thema „Open Banking“ haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Ihr Ansprechpartner: Dr. Bernd Fletzberger

Adresse

  • 1010 Wien,
    Nibelungengasse 11/4

Kontakt

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