Corona und Fristen

 

Aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus in Österreich stellen sich auch in Gerichts- und Verwaltungsverfahren viele Fragen. Es ist daher zu begrüßen, dass die Hemmung bestimmter Fristen nun gesetzlich angeordnet wurde.

Am 20. März 2020 hat das Parlament ein weiteres Sammelgesetz mit dem Titel "2. COVID-Gesetz" beschlossen, das nämlich auch Regeln zur Unterbrechung von Fristen enthält. Das Gesetz ist am 22. März 2020 in Kraft getreten. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2020 wieder außer Kraft. Im Zuge des 4. COVID-19 Gesetzes wurden einige Änderungen iZm Fristen (insb. im Verwaltungsverfahren, Zivilverfahren und Strafverfahren) vorgenommen.

Hier finden Sie einen Überblick (Stand: 8. April 2020) zu Corona und der beschlossenen Unterbrechung von Fristen:

Zivilverfahren

Die derzeitigen Einschränkungen des öffentlichen Lebens durch COVID-19 (Quarantänemaßnahmen sowohl örtlich als auch personenbezogen) wirken sich auch auf Gerichtsverfahren aus.

Aufgrund krankheits- oder maßnahmebedingter Ausfalle sowohl des Gerichtspersonals als auch der rechtsberatenden Berufe und der Parteien ist ein Tätigwerden innerhalb der gesetzlich vorgesehen Fristen nicht immer möglich oder tunlich, sollen doch persönliche Kontakte zwischen Menschen so weit wie möglich vermieden werden.

Der Gesetzgeber unterbricht daher für eine gewisse Zeit in bürgerlichen Rechtssachen (Zivilprozesse, Außerstreitverfahren, Grundbuchs- und Firmenbuchverfahren, Exekutionsverfahren, Insolvenzverfahren) fast alle prozessualen Fristen (sowohl gesetzliche als auch richterliche Fristen).

Das im Zuge des 2. COVID-19 Gesetzespacket verabschiedete Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz wurde mit dem 4. COVID-19-Gesetz in 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz- 1. COVID-19-JuBG umbenannt.

Prozessuale Fristen

In gerichtlichen Zivilverfahren werden alle verfahrensrechtlichen Fristen bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen, sofern

  • das fristauslösende Ereignis auf den 22. März 2020 oder danach fällt oder
  • die Frist am 22. März 2020 noch nicht abgelaufen ist.

Der Gesetzgeber hat nun im Rahmen des 4. COVID-19-Gesetzes klargestellt, wie bei der Berechnung von Fristen gemäß § 125 ZPO vorzugehen ist:

  • Bei Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, beginnt die Frist am 2. Mai 2020 neu zu laufen.
  • Bei Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, gilt der 1. Mai 2020 als Tag, an dem die Frist neu zu laufen beginnt.

Die Änderungen sehen auch eine Verordnungsermächtigung für die Justizministerin vor, wonach sie für die Dauer der behördlichen Maßnahmen Bestimmungen im Bezug auf gerichtliche Zustellungen treffen kann.

Das Gericht kann jedoch im jeweiligen Verfahren aussprechen, dass eine Frist nicht für vorgenannte Dauer unterbrochen wird. In so einem Fall hat es gleichzeitig eine neue angemessene Frist festzusetzen. Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden.

Die Fristenunterbrechung gilt nur nicht für Verfahren, in denen das Gericht über die Rechtmäßigkeit eines aufrechten Freiheitsentzuges nach dem Unterbringungsgesetz, nach dem Heimaufenthaltsgesetz, nach dem Tuberkulosegesetz oder nach dem Epidemiegesetz entscheidet, sowie für Leistungsfristen.

Materiellrechtliche Fristen

Es werden auch materiellrechtliche Fristen für die Anrufung der Gerichte gehemmt. Demnach ist die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 in die Zeit, in der bei einem Gericht eine Klage oder ein Antrag zu erheben oder eine Erklärung abzugeben ist, nicht einzurechnen.

In den Erläuterungen zur Gesetzesvorlage werden beispielsweise Verjährungsfristen genannt, weiters die Frist für die Besitzstörungsklage nach § 454 ZPO, die Anrufung des Gerichts gegen einen Bescheid des Sozialversicherungsträgers nach § 67 Abs. 2 ASGG oder die Anrufung der Schlichtungsstelle nach § 40 MRG. Auch auf solche Fristen in arbeitsrechtlichen Gesetzen wird in den Erläuterungen hingewiesen, etwa für die Kündigungsanfechtung nach § 105 ArbVG.

In solchen und vergleichbaren Fällen soll die Frist für die Anrufung des Gerichts gehemmt werden. Dies gilt auch für verschiedene Erklärungen, die dem Gericht gegenüber abzugeben sind, wie etwa die Vorlage von Unterlagen der Rechnungslegung.

Fraglich ist, ob es sich um eine sogenannte Ablaufhemmung oder eine Fortlaufhemmung handelt. Hier der Unterschied:

  • Wenn der Beginn oder Weiterlauf einer Frist gehemmt wird, liegt eine Fortlaufhemmung vor. Sie nimmt der bereits verstrichenen Verjährungszeit (im Unterschied zur Unterbrechung) nicht ihre Bedeutung. Die Verjährung läuft jedoch während des Hemmungsgrundes nicht weiter, sondern ruht. Im Ergebnis wird die Verjährungsfrist um die Dauer der Fortlaufhemmung verlängert.
  • Eine Ablaufhemmung verhindert hingegen nicht, dass die bereits begonnene Verjährungsfrist weiterläuft. Sie verhindert bloß, dass die Frist zu Ende geht bis zum Wegfall des Hemmungsgrundes, einer gesetzlich bestimmten Frist danach oder einer angemessenen Frist danach.

Unter Berücksichtigung des Wortlautes und einer teleologischer Auslegung gehen wir davon aus, dass der Gesetzgeber hier eine Fortlaufhemmung vorgesehen hat. Dafür spricht insbesondere die Verwendung der Wendung „nicht eingerechnet“.

Verwaltungsverfahren

Auch in Verwaltungsverfahren hat der Gesetzgeber mit einem eigenen Bundesgesetze eine Unterbrechung von Fristen beschlossen. Diese finden sich nun im Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz – COVID-19-VwBG. Diese Regelungen sind rückwirkend mit 22. März 2020 in Kraft getreten.

Prozessuale Fristen

In anhängigen Verfahren vor Verwaltungsbehörden werden alle Fristen bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen.

Das gilt sowohl für Fristen, die am 22. März 2020 oder danach zu laufen beginnen, als auch solche, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen sind.

Die unterbrochene Frist beginnt nicht wie ursprünglich immer am 1. Mai 2020 neu zu laufen. Der Gesetzgeber hat mit dem 4. COVID-19 Gesetz unter anderem nun den § 32 AVG klargestellt:

  • Bei Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, beginnt die Frist am 2. Mai 2020 erneut zu laufen.
  • Bei Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, gilt der 1. Mai 2020 als Tag, an dem die Frist begonnen hat.

Dies gilt jedoch nicht für Fristen in Verfahren nach dem Epidemiegesetz.

Bestimmte Fristen, die im Fremdenpolizeigesetz (FPG) und im BFA-Verfahrensgesetz geregelt sind (betreffend Schubhaft), werden nicht unterbrochen.

Die Unterbrechung von Verjährungsfristen in Verwaltungsverfahren wurde zuletzt korrigiert und  gestrichen.

Achtung: Die Unterbrechung des Fristenlaufs gilt nur für Verfahren von Verwaltungsbehörden, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze (also AVG, VStG und VVG) anzuwenden sind. Im Einzelfall muss man daher das jeweilige Materiengesetz dahingehend prüfen, ob es eigene Verwaltungsverfahrensregelungen gibt und oder die Verwaltungsverfahrensgesetze (subsidiär) anzuwenden sind.

In besonderen Fällen kann die zuständige Behörde mittels Beschluss aussprechen, dass die Frist nicht als unterbrochen gilt. Dies gilt aber nur in bestimmten Fällen, die im Gesetz ausdrücklich definiert sind, zum Beispiel zur Abwendung von Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit, etc. In so einem Fall Diesfalls muss die Behörde eine neue angemessene Frist festsetzen.

Materiellrechtliche Fristen

In Bezug auf Verwaltungsverfahren gilt zudem, dass die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 in die Zeit, in der ein verfahrensleitender Antrag zu stellen ist, nicht einzurechnen ist.

Die Nichteinrechnung der Zeit vom 22. März 2020 bis zum 30. April 2020 wurde mit dem 4. COVID-19-Gesetz auch auf

  • Verjährungsfristen und
  • Entscheidungsfristen mit Ausnahme von verfassungsgesetzlich festgelegten Höchstfristen (hier verlängert sich die jeweilige Entscheidungsfrist um 6 Wochen, wenn sie jedoch weniger als 6 Wochen beträgt, nur im Ausmaß der Entscheidungsfrist selbst)

ausgeweitet.

Weitere Änderungen, die mit dem 4. COVID-19-Gesetz beschlossen wurden, betreffen zum Teil das Verwaltungsstrafrecht.

So wurden die Fristen für die Zahlung von Strafbeträgen geändert. Werden in der Zeit vom 22. März bis zum 30. April 2020 Anonymverfügungen ausgefertigt, beträgt die Zahlungsfrist nun 6 Wochen.

Werden bei Organstrafverfügungen Belege am Tatort zurückgelassen bzw. ausgehändigt, beträgt die Zahlungsfrist 4 Wochen.

Weitere verfahrensrechtliche Fragen

Antworten zu weiteren verfahrensrechtlichen Fragen, die sich derzeit oft stellen, finden Sie auf der Website des Justizministeriums, etwa die Erreichbarkeit von Gerichten betreffend (siehe HIER).

Wie können wir Ihnen helfen?

Haben Sie Fragen zu bestehenden Gerichts- und Verwaltungsverfahren, insbesondere zu den Fristen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns an (+43 1 877 04 54) oder schreiben Sie uns Ihr Anliegen (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)!

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