Coronavirus und Entgeltfortzahlung?

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 + + + Update + + + In den letzten Tagen entsteht durch Medienberichte (siehe etwa Der Standard) der Eindruck, dass die Pflicht des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung der Beschäftigten entfällt, wenn der Betrieb wegen des Corona-Virus eingestellt wird.

Doch trifft das wirklich zu?

Hier unsere derzeitige Einschätzung:

Update vom 20. März 2020, 08:30 Uhr

Im Nationalrat wurde gestern (19. März 2020) Abend das 2. COVID-19-Gesetzes eingebracht. Der Entwurf enthält u.a. auch eine Änderung des § 1155 ABGB und sieht klarstellend eine Pflicht zur Entgeltfortzahlung vor, wenn durch das Covid-19 Maßnahmengesetz das Betreten von Betriebsstätten beschränkt oder verboten wird.

Den Arbeitgeber trifft in diesen Fällen eine Pflicht zur Entgeltfortzahlung. Er kann allerdings vom Arbeitnehmer den Verbrauch von Zeitausgleich und Urlaub im Ausmaß von maximal acht Wochen verlangen. Urlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr muss nur im Ausmaß von maximal zwei Wochen verbraucht werden.

Nicht verbraucht werden müssen Zeitguthaben, die aufgrund von Kollektivverträgen  „auf der Umwandlung von Geldansprüchen“ beruhen. Damit sollen die in einigen Kollektivverträgen geregelten Freizeitoptionen von einem Pflichtverbrauch befreit werden.

Betriebseinstellung wegen „höherer Gewalt“

Die Pflicht zur Entgeltfortzahlung entfällt, wenn die Arbeitsleistung aus Gründen unterbleibt, die nicht nur den einzelnen Arbeitgeber betreffen, sondern die Allgemeinheit. Wenn „höhere Gewalt“ die Arbeitsleistung verhindert, dann soll den Arbeitgeber keine Pflicht zur Entgeltfortzahlung treffen.

Doch obwohl die Corona-Pandemie die Allgemeinheit betrifft, ist sehr fraglich, ob der Arbeitgeber tatsächlich die Entgeltfortzahlung einstellen darf.

Wir raten zu größter Zurückhaltung, die Entgeltfortzahlung vorschnell einzustellen.

Einstellung der Entgeltfortzahlung zulässig?

Zum einen ist rechtlich unklar, ob eine Einstellung der Entgeltfortzahlung wirklich zulässig ist. Dies vor allem dann, wenn der Betrieb eingestellt wird, weil er aufgrund der behördlichen Einschränkungen stark gestört, aber nicht ausdrücklich verboten wurde.

Das betrifft den Standardfall in Gastronomie, Handel und Dienstleistung: Hier wurde das Betreten der Geschäftsräume durch Kunden untersagt, nicht der Geschäftsbetrieb an sich. Ein Fortbetrieb z.B. mit Lieferservices oder durch netzbasierte Dienste ist also zulässig, er ist aber in der Regel im bisherigen Ausmaß wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Abfederung durch Corona Kurzarbeit

Zur Abfederung des wirtschaftlichen Lohnrisikos hat der Gesetzgeber mit den Sozialpartnern das Modell der Corona-Kurzarbeit entwickelt: Es gestattet eine Reduktion der Arbeitszeit auf 10% der kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit, also je nach Branche auf 3,6 bis 4 Stunden.

Das AMS übernimmt (bis zur Höchstbeitragsgrundlage) die wesentlichen Kosten dafür.

Der Arbeitnehmer könnte nun durchaus erfolgversprechend argumentieren, dass der Arbeitgeber die angebotene Arbeitsleistung für Home Office, verstärkte Lieferangebote, für aufgeschobene Lager- und Organisationsarbeiten etc. zumindest 4 Stunden pro Woche in Anspruch hätte nehmen können. Hat er das unterlassen, obwohl ihm das zumutbar gewesen wäre, trägt er die Verantwortung für das Unterbleiben der Arbeitsleistung und hat Entgeltfortzahlung zu leisten.

Hohes Risiko für Arbeitgeber

Der Arbeitgeber trägt daher ein hohes Risiko, nachträglich doch noch zur Entgeltfortzahlung verpflichtet zu werden. Hat er nicht durch Vereinbarung des Kurzarbeit-Modells oder durch Beendigungsmaßnahmen Vorsorge getroffen, muss er dann aus unserer Sicht in voller Höhe das Entgelt nachzahlen.

Entfall der Entgeltfortzahlung bei Quarantäne?

Nicht einmal dann, wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb wegen der Verhängung der Quarantäne über einen Ort oder Bezirk einstellen musste, kann gesichert von einem Entfall der Entgeltfortzahlung ausgegangen werden.

Aufgrund der unklaren gesetzlichen Bestimmungen ist denkbar, dass in diesem Fall die bis letzten Sonntag gültigen Ersatzregelungen des Epidemiegesetzes weitergelten: Die am Sonntag beschlossene Außerkraftsetzung bezieht sich auf Betriebsschließungen, nicht aber z.B. auf Verkehrsbeschränkungen, die eine Arbeitsaufnahme verhindern. Nach dem Epidemiegesetz ist der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet, er hat aber einen Ersatzanspruch gegen den Bund.

Wie können wir Ihnen helfen?

Prüfen Sie in dieser Situation alle Alternativen, bevor Sie vorschnell die Entgeltfortzahlung einstellen. Gerne beraten wir Sie, wie eine maßgeschneiderte Lösung für Ihren Betrieb aussehen könnte.

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Kontakt

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