Vorläufige Einigung über die MiCA: Das Krypto-Regelwerk im Überblick

 

Sie suchen nach einer kompakten Zusammenfassung der MiCA-Regelungen sowie Informationen zum aktuellen Stand, dem Anwendungsbereich, der neuen Klassifizierung von Kryptowerten sowie den künftigen Anforderungen für Krypto Asset-Provider? Suchen Sie nicht weiter - in diesem Deep Dive haben wir alle relevanten Infos für Sie zusammengefasst.

Die politische Einigung für eine EU-Verordnung über Märkte für Kryptowerte („MiCA“) ist Ende Juni 2022 erfolgt. Umso wichtiger ist es, sich jetzt mit den bevorstehenden beträchtlichen Änderungen auseinanderzusetzen.

Ausgangslage

Kryptowerte unterliegen derzeit nur zu einem sehr geringen Teil dem geltenden EU-Rechtsrahmen für Finanzdienstleistungen. Dies birgt Unsicherheiten für innovative Unternehmen und erhebliche Risiken für Verbraucher und Anleger. Die im Sommer 2022 vorgelegte finale Fassung des Entwurfs für die MiCA stellt daher ein Kernstück des Maßnahmenpakets der EU-Kommission vom September 2020, der Digital Finance Strategy, dar, das Europa für das digitale Zeitalter rüsten soll.

So soll unter anderem das „EU-Passporting“ auf Kryptowerte erweitert werden, sodass es einem in einem Mitgliedstaat zugelassenen Unternehmen künftig möglich sein wird, Kryptodienstleistungen mit minimalen zusätzlichen Zulassungsanforderungen im gesamten Binnenmarkt anzubieten. Das Verfahren zur Zulassung von Kryptodienstleistern soll außerdem deutlich beschleunigt werden. 

Der anonyme Charakter von Kryptowerten stellt für Finanzdienstleister aufgrund der strengen Vorschriften zur Geldwäscheprävention zudem immer noch eine große Herausforderung dar. Die mit der MiCA verbundene Ausdehnung der EU-Geldtransferverordnung ("TFR") soll ihnen den Weg ins Geschäft mit Kryptodienstleistungen ebnen.

Nach einem zweijährigen Gesetzgebungsprozess und zähen Verhandlungen konnten sich das Europäische Parlament und der Europäische Rat am 30. Juni 2022 vorläufig einigen. Der Trilog ist damit abgeschlossen. Die europäischen Gesetzgeber müssen die vereinbarte Fassung der MiCA allerdings noch formal genehmigen, bevor die MiCA in Kraft treten kann, was gegen Ende 2023 oder Anfang 2024 erwartet wird.

Hintergründe der MiCA

Kryptowerte sind digitale Vermögenswerte, die auf Kryptografie und der Distributed-Ledger-Technologie („DLT“), nämlich der Erfassung von Transaktionen auf dezentral geführten elektronischen Datenbanken („Blockchain“), basieren. Damit zählen sie zu den wichtigsten Anwendungen der Blockchain-Technologie im Finanzwesen.

Derzeit ist die Mehrzahl der gängigen Kryptowerte unreguliert. Nur in Einzelfällen werden Kryptowerte als Finanzinstrumente im Sinne der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente („MiFID II“) eingestuft und unterliegen so bereits der europäischen Regulierung. Bestehende Vorschriften des Verbraucher- und Anlegerschutzes sowie zur Marktintegrität sind daher zum Großteil nicht auf Finanzdienstleistungen iZm Kryptowerten anwendbar. Lediglich ausgewählte Kryptodienstleister unterliegen seit Inkrafttreten der 5. Geldwäscherichtlinie einer EU-weiten Registrierungspflicht und müssen die Bestimmungen zur Geldwäscheprävention, insbesondere die strengen Kundenidentifikationspflichten, einhalten.

Manche Mitgliedstaaten haben bereits nationale Rechtsvorschriften für Kryptowerte eingeführt. Dies hat zu einer gewissen regulatorischen Zersplitterung geführt, die den Wettbewerb am Binnenmarkt verzerrt und zu Aufsichtsarbitrage - also zu einer Verlagerung der Geschäftsaktivitäten auf Märkte mit weniger strengen Regelungen - anregt.

Die Digital Finance Strategy der EU

Die MiCA ist Teil der Digital Finance Strategy, mit der die EU-Kommission das digitale Finanzwesen in Europa in Hinblick auf Innovation und Wettbewerb für das digitale Zeitalter rüsten will. Die EU-Kommission hat folgende Entwürfe zu einem umfassenden EU-Rahmenwerk für kryptobasierte Finanzdienstleistungen mit den folgenden Eckpfeilern vorgelegt:

  • Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCA)
  • Ergänzung der MiFID-II-RL (2014/65/EU): Die Definition von Finanzinstrumenten soll künftig Finanzinstrumente auf der Grundlage von DLT und der Blockchain miteinschließen.
  • Verordnung über eine Pilotregelung für auf DLT basierende Marktinfrastrukturen
  • “EU-Passport” für Kryptodienstleistungen

Zweck der MiCA

Ein zeitnah etablierter europäischer Rechtsrahmen ist dringend notwendig, um Innovationen des Finanzsektors zu fördern. Die MiCA soll einen innovations- und technologieoffenen, vollharmonisierten Rechtsrahmen für die Emission von Kryptowerten und die Erbringung von damit in Verbindung stehenden Dienstleistungen schaffen. Dieser zielt auch darauf ab, Verbraucher und Anleger zu schützen, die Marktintegrität und die Finanzstabilität zu gewährleisten und den fairen Wettbewerb zu fördern. Er schafft die Grundlage für einen grenzübergreifenden Markt für Kryptoemittenten und Kryptodienstleister, sodass die Vorteile des Binnenmarkts voll ausgeschöpft werden können. Nicht zuletzt kann auch die Komplexität und der finanzielle und administrative Aufwand für alle Beteiligten erheblich verringert werden.

Neue Klassifizierung von Kryptowerten

Die MiCA will technologieneutral und zukunftsgerichtet ein möglichst breites Spektrum an Kryptowerten erfassen. Diese werden als „digitale Darstellungen von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der DLT oder einer ähnlichen Technologie übertragen und gespeichert werden können“, definiert. Dabei werden drei Kategorien von Kryptowerten unterschieden:

  • Wertreferenzierte Token („ART“) verwenden als Bezugsgrundlage verschiedene Nominalgeldwährungen, die ein gesetzliches Zahlungsmittel, eine oder mehrere Waren, einen oder mehrere Kryptowerte, oder eine Kombination solcher Werte darstellen, um Wertstabilität zu erreichen. Sie können neben der MiCA auch der E-Geld-Regulierung oder der Zahlungsdienste-Regulierung unterliegen.
  • E-Geld Token („EMT“) erfüllen den Hauptzweck, als Tauschmittel zu dienen. Sie verwenden als Bezugsgrundlage eine Nominalgeldwährung, die gesetzliches Zahlungsmittel ist, um Wertstabilität zu erreichen. Sie können neben der MiCA auch der E-Geld-Regulierung oder der Zahlungsdienste-Regulierung unterliegen.
  • Utility Token sind dazu bestimmt, digitalen Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung zu verschaffen. Sie sind über DLT verfügbar und werden nur vom Emittenten dieses Tokens akzeptiert. Sie können auch als Nutzungstoken bezeichnet werden.

Diese neue Klassifizierung von Kryptowerten wird die Grundlage für alle künftigen gesetzlichen Regelungen von Kryptowerten bilden. Als Finanzinstrumente zu qualifizierende Kryptowerte werden von der MiFID II erfasst. Mit der neuen Klassifizierung wird auch die derzeitige Definition der „virtuellen Währungen“, die mit der 5. Geldwäscherichtlinie eingeführt wurde, obsolet werden.

Anforderungen an Emittenten von Kryptowerten

Die MiCA sieht eine Reihe an Anforderungen an Emittenten von Kryptowerten vor, die von der Art der emittierten Kryptowerte abhängen. Folgende generelle Anforderungen sind vorgesehen:

  • Rechtsform: juristische Person
  • Erstellung eines Kryptowert-Whitepapers: Erstellung, Notifizierung an die national zuständige Behörde und Veröffentlichung (resultiert wie bei Kapitalmarktprospekten in einer zivilrechtlichen Haftung des Emittenten für die veröffentlichte Information)
  • Allgemeine Pflichten: Ehrliches, faires und professionelles Handeln; faire, eindeutige und nicht irreführende Kommunikation; Handeln im besten Interesse der Token-Inhaber sowie deren Gleichbehandlung, Vermeidung/Ermittlung/Offenlegung von Interessenskonflikten; Zugriffssicherheit der Systeme & Protokolle gemäß EU-Standards

Die allgemeinen Pflichten von Emittenten knüpfen an die Wohlverhaltensanforderungen der MiFID II an. Ihre Auslegung wird sich daher an der Auslegung der MIFID II-Wohlverhaltensregeln orientieren.

Das Whitepaper dient Offenlegungs- und Informationszwecken und ist in seinen Erfordernissen an Wertpapierprospekte angelehnt. Es muss bei den national zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in welchem die Kryptowerte vermarktet oder auf einer Tradingplattform zugelassen werden, registriert und auf der Website des Emittenten veröffentlicht werden. Die MiCA regelt auch die inhaltlichen Voraussetzungen eines solchen Whitepapers. Dazu zählen detaillierte Projektbeschreibungen, Informationen über Rechte und Pflichten des Inhabers von Kryptowerten, Informationen über die eingesetzte Technologie sowie über mögliche Risiken.

Betreffend den Betrieb, die Organisation und die Unternehmensführung von Emittenten von ART und EMT sieht die MiCA folgende zusätzliche Anforderungen vor. Da sie sich für Tauschzwecke besonders gut eignen, werden sie als besonders risikoreich eingestuft.

Bei der Emission von ART ist eine Zulassung und Genehmigung des Whitepapers durch national zuständige Behörden erforderlich. Emittenten müssen ihren Sitz in der EU haben, sowie über ausreichend Eigenmittel und Vermögenswertreserven verfügen.

Emittenten von EMT benötigen eine Zulassung als Kreditinstitut oder E-Geld-Institut. Sie sind außerdem dazu verpflichtet, die Anforderungen an die Ausgabe und Rücktauschbarkeit von E-Geld nach der E-Geld-Richtlinie einzuhalten. An das zu veröffentlichte Whitepaper bestehen zusätzliche Sonderanforderungen.

Werden bestimmte ART oder EMT von der Europäischen Bankaufsichtsbehörde („EBA“) nach vordefinierten Kriterien als signifikant eingestuft, unterliegen deren Emittenten erhöhten regulatorischen Anforderungen.

Von der Pflicht der Erstellung eines Whitepapers ausgenommen sind Kryptowerte,

  • die kostenlos angeboten werden oder als Gegenleistung für Mining oÄ automatisch generiert werden,
  • die einmalig und nicht fungibel mit anderen Kryptowerten sind,
  • die pro Mitgliedstaat an weniger als 150 Personen oder nur an qualifizierte Anleger angeboten werden, oder
  • deren Gesamtgegenwert des öffentlichen Angebots von EUR 1 Mio. /12 Monate nicht übersteigen.

Anforderungen an Kryptodienstleister

Folgende gewerbsmäßig erbrachten Tätigkeiten werden nach der MiCA als Kryptodienstleistungen eingeordnet:

  • Verwahrung/Verwaltung von Kryptowerten für Dritte,
  • Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte,
  • Tausch von Kryptowerten gegen Nominalgeldwährungen, die ein gesetzliches Zahlungsmittel sind (auch im Rahmen des Betriebes eines Geldautomaten, eines ATMs),
  • Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte,
  • Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte,
  • Platzierung von Kryptowerten,
  • Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte, und
  • Beratung zu Kryptowerten.

Zu ihrer Erbringung wird es einer behördlichen Zulassung bedürfen. Zugelassene Kryptodienstleister unterliegen zudem einer laufenden Beaufsichtigung.

Regelungen zur Prävention von Geldwäsche

Die Geldwäschepräventionsbestimmungen werden in der MiCA nicht gesondert für Kryptodienstleister geregelt – hierzu hat die EU ein eigenes, mit der MiCA abgestimmtes Geldwäschepaket geschnürt. So ist etwa im Rahmen der Ausdehnung der TFR vorgesehen, dass Kryptodienstleister bei einer Krypto-Transaktion Informationen über die Identität des Auftraggebers und des Empfängers einholen müssen. Diese sogenannte "Travel Rule" enthält grundsätzlich keine Schwellenwerte. Nur bei Transaktionen zwischen einem Kryptodienstleister und einer "Unhosted Wallet" eines Kunden (das sind ausschließlich eigenständig verwaltete Wallets) muss der Kryptodienstleister erst ab einem Transaktionswert von EUR 1.000,- verpflichtend feststellen, ob diese Wallet tatsächlich im Eigentum des Kunden steht. Das befürchtete Verbot von Unhosted Wallets wollen die europäischen Gesetzgeber damit letztlich doch nicht umsetzen. 

Die MiCA sieht allerdings vor, dass die Europäische Bankaufsichtsbehörde ("EBA") ein öffentliches Register führen soll, welches die mit den europäischen Geldwäsche-Vorgaben nicht konformen Kryptodienstleister in einer "Blacklist" auflisten wird. 

Erste Bewertung der MiCA

Die MiCA wird für die EU erstmals einen einheitlichen Regulierungsrahmen für Kryptowerte schaffen. Dabei bedient sich der europäische Gesetzgeber bekannter Regelungsinstrumente aus der Finanzmarktregulierung, seien es Anlehnungen an die Prospektverordnung, an die MiFID II (Erlaubnispflicht für Intermediäre, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten anbieten), sowie an die Marktmissbrauchsverordnung. 

Die Folgen der MiCA für den deutschsprachigen Kryptomarkt sind nur schwer abzuschätzen. Die MiCA stellt anspruchsvolle Hürden auf, die vor allem kleine und neugegründete Unternehmen beim Markteintritt erst einmal bewältigen müssen. Freilich ist diese Eintrittsschwelle auch dafür geeignet, unseriöse Anbieter abzuschrecken. Das Verständnis und der Einsatz innovativer Technologien sowie die Abbildung bankenspezifischer Anwendungsfälle (use cases) werden eine Grundvoraussetzung sein. Der erstmals einheitliche Rechtsrahmen für Kryptowerte in Europa und das vorgesehene Passporting-Regime sind als weitere positive Effekte zu nennen. Neu anfallende Kosten für die Zulassung und Einhaltung der regulatorischen Pflichten stehen Effizienzgewinnen aufgrund einer breiteren Nutzung von DLT-basierten Token gegenüber.

Die MiCA wird jedenfalls schon sehr bald neue Realitäten schaffen und ihren Teil dazu beitragen, dass Kryptowerte auf Dauer Bestand haben werden. DLT wird den Kapitalmarkt für digitale Anlageklassen nachhaltig verändern. Es wird essentiell sein, dass das Aufsichtsregime nah an der technischen Praxis bleibt und keine Wege und Entwicklungsmöglichkeiten durch zu enge aufsichtsrechtliche Regelungen versperrt werden. Hier wird vieles auch an der Verwaltungspraxis der Aufsichtsbehörden liegen, die gut daran tun, eigene Abteilungen ausschließlich für die Regulierung von Kryptowerten zu schaffen, soweit dies nicht bereits geschehen ist.

Was können wir für Sie tun?

Mit unserem umfassenden Know-how im Fintech-Bereich, insbesondere bei der Beratung von Kryptoasset-Unternehmen, können wir Sie kompetent bei der Vorbereitung auf MiCA unterstützen. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.

Ansprechperson: Mag. Miriam Broucek

Adresse

  • 1010 Wien,
    Nibelungengasse 11/4

Kontakt

  • +43 1 877 04 54
  • office(a)pfr.at

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